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AutorenbildStefan

Individualität, Höhenangst und das ZDF

Aktualisiert: 18. Aug. 2020


Ziel einer Therapie ist es immer, auf den Klienten individuell einzugehen und die Individuellen Wünsche und Ziele zu erreichen. Das ist etwas sehr Persönliches. Im Tierreich (ja, wir Menschen zählen auch dazu, denn biologisch gehören wir zu den Trockennasenaffen) gibt es Spezialisten in jeder Form, Menschen sind eher die Universalisten. Wir schwimmen nicht so gut wie ein Delphin, wir klettern nicht so gut wie ein Gibbon, wir schlafen weniger als ein Löwe und wir rennen ohne Hilfsmittel auch nicht besonders schnell. Dafür können wir besser klettern als ein Delphin, etwas schwimmen und laufen geht auch und wir sind gut darin, Werkzeuge herzustellen und zu benutzen. Man könnte also sagen wir können alles, aber nichts richtig. Manche sind besser im Klettern, andere können schöne oder praktische Dinge herstellen, und wieder andere sind gut mit Feder und Tinte und haben uns Gedanken hinterlassen, die unsere Gesellschaft geprägt haben. So haben wir es geschafft, sehr erfolgreich zu werden und haben durch unsere individuellen Fähigkeiten Demokratie, Netflix und Aufbackbrötchen erfunden.


Nun gibt es aber Menschen, denen die Individualität gar nicht passt. Sie haben es lieber, wenn alle das gleiche tragen, im Gleichschritt marschieren, das gleiche denken und an der richtigen Stelle das gleiche brüllen. Für solche Menschen ist Individualität etwas Bedrohliches, sie wollen nicht, dass andere Leute anders denken als sie, sie hinterfragen nicht mehr und halten sich für den Nabel der Welt. Eine Opposition kann man da nicht gebrauchen, abweichende Meinungen schon gar nicht, die Medien werden gleichgeschaltet und es ist wichtig, jeden niederzubügeln, dessen Meinung irgendwie von dem vorgegebenen Narrativ abweicht. All das ist natürlich nur möglich, wenn man über ein Heer von Mitläufern verfügt, die nicht darauf warten, dass man ihn etwas befiehlt, sondern in vorauseilendem Gehorsam handeln. So etwas endet dann irgendwann in der Diktatur, in der es dann auch keinen Platz mehr für Netflix und Aufbackbrötchen gibt.


Vor kurzem rief mich jemand an, der behauptete, für das ZDF nach jemandem zu suchen, den sie in eine Therapiesituation begleiten und filmen wollten. Angeblich ginge es um das Thema Höhenangst. Nun bin ich jemand, der große Höhen selbst nicht besonders schätzt und eigne mich daher auch nicht sonderlich als Therapeut für dieses Problem. Ich sagte daher freundlich ab und wünschte ihm für seine Suche weiterhin viel Erfolg. Auf die Nachfrage, warum ich dies nicht wolle, sagte ich, dass zum einen Höhenangst nicht mein Thema sei und ich zum anderen unter keinen Umständen jemals mit dem ZDF zusammenarbeiten würde. Danach beendete ich das Gespräch.


Abgesehen davon finde ich es als Therapeut generell unethisch, sich medienwirksam über eine Therapie herzumachen, denn jeder Klient hat das Recht auf einen geschützten Raum, in dem das was gesagt und besprochen wird bleibt. Ein geschützter Raum duldet keine Kameras! Was zwischen einem Klienten und mir besprochen wird, bleibt dort und wird von niemandem mitgehört. Schon gar nicht von jemandem, der bereits bewiesen hat, dass sein Umgang mit der Wahrheit oftmals zu kreativ ist, um noch ehrlich genannt zu werden. Dies war an diesem Tag die einzige Anfrage.


Am gleichen Tag erschien auf einmal eine negative Rezension mit der Behauptung, ich wäre unfreundlich im Internet.


Ein Mathematiker würde an der Stelle sagen: Quod erat demonstrandum! (Was zu beweisen war).


Nun denn kleiner Mitläufer: Du hast bewiesen, wes Geistes Kind du bist, jeder Diktator wäre stolz auf dich.



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