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AutorenbildStefan

Klischees vom Therapeuten

Aktualisiert: 18. Aug. 2020

„Wieso soll ich zum Therapeuten, ich hab doch keinen an der Klatsche!“


Vielleicht haben Sie diesen Satz auch schon mal gesagt oder ihn aus dem näheren oder weiteren Umfeld gehört. Ich verrate Ihnen mal ein Geheimnis: Bei mir darf jeder Klient sein, eine diagnostizierte psychische Erkrankung ist nicht Voraussetzung, aber auch kein Hinderungsgrund. Manchmal ist es auch besser, ein Problem genauer zu untersuchen und gegebenenfalls zu bekämpfen, wenn es noch klein ist.

Wenn ihnen die Kerze im Adventskranz umkippt und das dabei befindliche Tannengrün entflammt sagen Sie ja auch nicht „Warum soll ich die Feuerwehr rufen, das Zimmer brennt doch noch nicht!“, sondern Sie werfen beherzt etwas auf die Flammen, um sie zu ersticken bevor alles brennt.


Doch gehen wir weiter im Text und schauen uns das nächste Klischee an. Bei mir an der Tür steht die Berufsbezeichnung „Heilpraktiker für Psychotherapie“. Darin ist ein weiteres Buzzword enthalten, das Menschen – zu Recht – auf die Palme bringen kann. Bei „Heilpraktiker“ denkt man an jemanden, der von alternativer Medizin faselt und Menschen mit Zuckerkugeln vom Krebs heilen will. Aber das ist – verzeihen Sie mir den Ausdruck – Bullshit! Medizin ist etwas, das wirkt, und das muss auch nachgewiesen werden. Meine Berufsbezeichnung geht ja aber noch weiter, denn der Schwerpunkt liegt auf der „Psychotherapie“. Das heißt auch, dass ich mit Medikamenten nichts zu tun habe, Zucker bekommen Sie auf Wunsch jedoch trotzdem, zum Kaffee (oder Tee) und in kleinen Tüten…


Bleibt also der Therapeut übrig. Auch da schiebt sich sofort ein Klischee ins Bild, man sieht einen älteren Herrn in Strickjacke, mit Brille, Bart, Pfeife, Klemmbrett, und irgendwo in der Praxis steht auch die obligatorische Couch, auf die sich der Klient legen kann. Nun kann ich nicht von der Hand weisen, dass ich schon mal gerne im Herbst oder Winter eine Strickjacke trage, den Bart habe ich ständig, die Brille nur phasenweise. Das Pfeife rauchen habe ich, ebenso wie das Rauchen an sich, aufgegeben, und wenn Sie das auch wollen, helfe ich auch gerne dabei. Klemmbretter nutze ich auch, denn sie sind manchmal einfach praktisch. Und auch eine Couch habe ich in der Praxis, allerdings sollten Sie sich darauf nur setzen, legen geht nicht, ich habe es probiert und brauchte danach keine Psycho- sondern eine Physiotherapie!

Wenn Sie in meine Praxis kommen, wird Ihnen vermutlich als erstes ein kleines schwarzes Fellknäuel entgegen laufen und freudig bellen. Und für meine Hündin gilt auch: Keine Strickjacke, keine Brille, keine Pfeife, keine Couch, aber Bart. Sie ist speziell dafür ausgebildet, sich den Klienten gegenüber zu benehmen wie ein kleiner, junger und manchmal unerzogener Hund, um die Situation aufzulockern. Falls sie zu wild wird, fange ich sie auch ein, nehme sie auf den Schoß und sehe dann nicht wie der Klischeetherapeut aus, sondern wie Ernst Stavro Blofeld aus den Bond-Filmen, nur habe ich statt der weißen Katze einen schwarzen Hund auf dem Arm. Ich hoffe, ich habe Sie jetzt nicht abgeschreckt, daher lasse ich ausnahmsweise mal den Hund sprechen: „Der tut nix! Der will nur reden!“







P.S. Wenn Sie Angst vor Hunden haben, bringe ich die Kleine natürlich eben nach nebenan. Angst vor Hunden lässt sich übrigens gut mit Verhaltenstherapie behandeln, dabei ist sie dann später wieder dabei.

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